Ich hatte es schon fast wieder verdrängt. Am ersten Samstag im Juno erreichte uns eine Kundenretour. Das war das Wochenende vor der großen Flut, deswegen werde ich den Tag wohl nicht so schnell vergessen. Es regnete den ganzen Freitag und auch das ganze Wochenende hindurch. Die Retour erreichte uns nicht auf dem normalen Wege.
Erst am Sonntag Abend entdeckte ich durch Zufall, dass vor der Tür ein Päkchen lag. Am Samstag war keiner da, so muss der Paketzusteller es – ohne jemanden erreicht zu haben – vor die Tür gelegt haben. Vom Dauerregen war das Paket inzwischen aufgeweicht, der Inhalt – wie sich später herausstellen sollte – nicht mehr zu verwenden. Die retour gegebene Jeans-Latzhose war durch den Regen klatschnass und durch die inzwischen in Auflösung befindliche Pappe total verschmutzt.
Mit etwas Wut im Bauch schrieb ich noch am selben Abend, es war der 02. Juno, eine Beschwerde an das Versandunternehmen. Eine Vereinbarung über Ablieferung von Paketen vor der Tür, wenn keiner da ist, gibt es nicht. Die Nachbarn interviewt – beide da gewesen. Die hätten das Päckchen sicher entgegengenommen, die müssen manchmal ran, wenn hier gerade keine da ist – an der Stelle einmal Danke dafür. Oder am Mo, wenn alle wieder an der Arbeit sind, noch einmal liefern bzw. gleich in einer Filiale abgeben – das wären Alternativen gewesen. Warum war das nicht möglich? Und wer ersetzt uns nun den entstandenen Schaden?
Zwei Tage später bekam ich per Mail eine Nachricht, wir sollen doch noch eine Paketnummer übermitteln, damit das abschliessend bearbeitet werden kann. Wie jetzt? Das war ein Päckchen, welches wir empfangen sollten – da gibt es keine Trackingnummern. Nett geantwortet und den Sachverhalt noch einmal geschildert … und es passierte – nichts.
Der Juno ging ins Land. Am 28. schaute ich mir einmal die Facebook-Seite des Versanddienst- leisters an. Unternehmen reagieren in der Regel sehr sensibel auf böse Einträge auf der Pinwand. Nicht dass ich böse Absichten hätte, aber man kann ja mal schauen. Aber siehe da – dort geht das gar nicht. Statt dessen steht ein Chat mit dem Kundenservice zur Verfügung.
Und wieder erzählte ich, was vorgefallen und fragte, warum nicht die Nachbarn oder gar eine Filiale für die Auslieferung in Anspruch genommen wurde und was machen wir denn nun mit dem entstandenen Schaden? – „Das können wir Ihnen leider nicht beantworten. So etwas kommt leider vor.“ Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Haben wir das Paket in einer Filiale zur Begutachtung vorgelegt? Hätten wir das tun sollen? Warum erfahre ich das erst einen Monat später, immerhin ging taggleich eine Mail an den Kundenservice raus. „Päckchen sind eigentlich von der Haftung ausgeschlossen.“ Deswegen muss der Fahrer nicht mehr korrekt arbeiten? Tief Luft holen.
Es muss doch möglich sein, den Fahrer ausfindig zu machen und zu fragen, warum er bei Starkregen am Sa ein Päckchen vor die Tür gestellt hat, wenn am Mo erst wieder gearbeitet wird. Abgeben in der Filiale wäre eine Alternative gewesen … – „Ich werde die Klärung sofort in die Wege leiten und ich denke, Anfang nächster Woche melden wir uns wieder bei Ihnen.“ Die nächste Woche kam und ging, auch die übernächste und so weiter und so weiter …
Irgendwann sprach mich einmal ein Fahrer des Versandienstleisters an, da sei eine Beschwerde von uns angekommen, was ist denn passiert? Ein viertes Mal erzählte ich die Geschichte. „Die Sache liegt bei unsrem Chef auf dem Tisch, der muss da mal was tun.“ … „Da müssen wir einmal in den Dienstplan schauen, wer die Tour gefahren ist.“ Ja, bitte! Und es passierte daraufhin – nichts!
Irgendwann habe ich entschieden, den Fall ad acta zu legen. Die unbrauchbare Jeans-Latzhose wurde der Kleiderspende übergeben. Waschen, Bügeln, Legen, neu Verpacken wäre die teuere Alternative gewesen und 1a-Ware war die Hose ja sowieso nicht mehr. Möglicherweise nutzt sie so noch jemanden etwas.
Gestern nun, wir schreiben inzwischen den 27. August im Jahre des Herrn 2013, klingelte ganz unverhofft das Telefon. Am anderen Ende der Leitung ein junger Mann von der Rechtsabteilung des Versanddienstleisters, er prüfe unsere Ersatzanspüche. Ein fünftes Mal erzählte ich nun die Geschichte, die sich einmal zugetragen hat – vor fast drei Monaten. Es wurde im Unternehem nachgeschaut und der Fahrer ermittelt, dieser hätte sich entschuldigt und es würde ihm leid tun.
Bei uns kam bislang keine Entschuldigung an. Schade eigentlich. Hätte der Fahrer den Mut besessen, mir gegenüber zu treten und sich entschuldigt, wäre ich vielleicht nicht so penetrant gewesen und hätte es dabei beruhen lassen.
Könne ich denn die Hose noch zur Begutachtung vorlegen? Inzwischen ist fast ein Vierteljahr vergangen und mit einer Antwort hat ja kaum noch einer gerechnet. Die gibt es nicht mehr – tja, dann würde es mit Ersatzansprüchen schlecht ausschauen. Ich solle den Fall noch einmal per Mail schildern, damit er abschließend abgelehnt werden kann – oder ich könne auch einfach nicht antworten, das würde Arbeit sparen. Wieder tief Luft holen und freundlich bleiben!
So habe ich nun heute ein sechstes Mal die Vorgänge geschildert, welche sich in grauer Vorzeit zugetragen haben. Schauen wir mal, was passiert … oder eben nicht passiert.
Anmerkung am Rande: Bei unserem Haus- und Hof-Versandunternehmen werden Reklamationen in der Regel binnen drei Werktagen abschliessend bearbeitet. Langweilig wird es hier nie.
(mrj)